"Wie weit sind wir eigentlich gekommen in Sachen Inklusion?"

Acht Repnaks wollen es wissen und fahren nach Berlin

 

Ein Wohnwagen ‚komplett’ wird es sein, den Kirsten und Willi Repnak Anfang September in Richtung Hauptstadt steuern werden: Zum Familienkongress bringen sie nicht nur ihre fünf Kinder mit, auch der kleine Len ist dabei, das Söhnchen ihrer Ältesten Jolanda. Und natürlich das Saxophon, denn in Berlin ergibt sich immer einmal eine spontane Session, weiß Kirsten Repnak noch aus der Zeit, als sie selbst einmal dort gewohnt hat.
Heute lebt sie mit ihrer Familie in der niedersächsischen Kleinstadt Melle. Ihr Mann ist hier Lehrer für Deutsch und Musik, es ist ein guter, ruhiger Ort für die heranwachsenden Kinder.

Alle ganz eigen - alle halten zusammen: Familie Repnak freut sich schon auf Berlin. Foto: privatzoom

„Doch spontan sind wir immer gewesen und geblieben“, sagt sie lachend und erzählt: Als ihnen einmal Schnee und Winter hier zu viel wurden, fuhren sie kurz entschlossen – und natürlich ‚komplett’ – nach Portugal: „Nachmittags nach Schulschluss hatten wir die Idee, sechs Stunden später saßen wir schon im Wohnwagen, und wir wurden mit einem Weihnachtsfest bei 20 Grad und Sonne belohnt.“

Die Entscheidung, zum Familienkongress zu fahren, fiel ähnlich schnell: „Als ich das Programm gelesen habe“, so Kirsten Repnak, „habe ich sofort gesagt: Da müssen wir hin, das ist eine runde Sache!“ Das Konzept gefällt ihr, weil es der Familie erlaubt, wie immer ‚komplett’ unterwegs zu sein, aber so, dass jeder auch etwas ohne die anderen machen kann – auch der Jüngste, der achtjährige Jonathan, der das Down-Syndrom hat.
Als er geboren wurde, gab es Leute im Ort, die plötzlich nicht mehr grüßten – aber es gab auch die Nachbarin, die mitbekommen hatte, dass etwas los war mit dem Kleinen und erleichtert war, als sie es erfuhr: „’Achso, Down-Syndrom, Gott sei Dank, ich dachte schon, es sei was Schlimmes’, sagte sie. Das war so toll“, erinnert sich Kirsten Repnak, „dass man darüber die anderen, bösen Reaktionen vergisst.“

Nie vergessen wird das Ehepaar allerdings, dass Jonathan nicht auf eine Regelschule gehen kann – so, wie es ihr Wunsch gewesen wäre und wie es die UN-Behindertenrechtskonvention doch eigentlich vorsieht. „Jonathan war auch schon im Regelkindergarten, und das hat ihm gut getan. Er ist ein kluges Kind, lernt jedoch wegen seiner Hör- und Sprachbehinderung am besten durchs Abgucken und Nachahmen. Für ihn ist es elementar, mit nichtbehinderten Kindern zusammen zu sein.“ Doch es fand sich keine geeignete Schule, die Repnaks meldeten ihn daher in der 40 km entfernten heilpädagogischen Johannesschule an, die nach dem Waldorf-Prinzip arbeitet. „Wir bekamen den Bewilligungsbescheid, doch mit einer bitteren Auflage: Die Schulbehörde stellte in ihm ‚klar’, dass Jonathan ausschließlich an Förderschulen unterrichtet werden darf.“
Von der großen Tagung in Berlin verspricht sich Kirsten Repnak daher vor allem eine Art Standortbestimmung und eine kritische Diskussion mit den anderen Teilnehmern, mit Politikern und Fachleuten: „Wie weit sind wir eigentlich gekommen in Sachen Inklusion?“

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